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MY FACTORY 5-6/2021

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MY FACTORY 5-6/2021

UMWELTTECHNIK

UMWELTTECHNIK LUFTREINHALTUNG: EINHEITLICHE ANFORDERUNGEN Die biologische Abluftreinigung hat sich für unterschiedlichste Bereiche der Nahrungs- und Genussmittelindustrie großtechnisch und langjährig bewährt. Hierzu gehören beispielsweise die Herstellung und Verarbeitung von Kaffee, Kakao, Backwaren, Hefe, Nüssen, Tabak und Bier. Künftig gelten strengere und einheitliche Begrenzungen für den Geruchs- und Schadstoffausstoß von technischen Anlagen, die immissionsschutzrechtlich genehmigt werden müssen. Das hat das Bundeskabinett mit der überarbeiteten Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) festgelegt. Zu den rund 50 000 betroffenen Anlagen gehören u. a. Abfallbehandlungsanlagen, Fabriken der chemischen Industrie, Einrichtungen zur Metallerzeugung, Zementwerke sowie große Anlagen der Nahrungsmittelindustrie. Erstmals sieht die Verwaltungsvorschrift bundesweite Regelungen zum Schutz der Anwohner vor störenden Gerüchen vor. Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 16.12.2020 muss der Bundesrat der TA Luft zustimmen. Dies wird bis spätestens zum Sommer 2021 erwartet. Ein wesentlicher Grund der Neufassung – die Vorgängerversion stammt aus dem Jahr 2002 – ist, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in die TA Luft aufgenommen wird. Mit der Aufnahme der GIRL in die TA Luft werden die Anforderungen an Gerüche bundesweit vereinheitlicht. Dazu wird die GIRL als Anhang 7 in die TA Luft überführt. GERUCHSBELÄSTIGUNGEN ELIMINIEREN „Die Vorgehensweise bei der Beurteilung von Geruchsbelästigungen unterscheidet sich grundlegend von der anderer Immissionen. So hängt die Frage, ob derartige Belästigungen als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, nicht nur von der jeweiligen Immissionskonzentration, sondern auch von der Geruchsqualität (es riecht nach …), der Geruchsintensität, der Hedonik (angenehm, neutral oder unangenehm), der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Einwirkungen, dem Rhythmus, in dem die Belästigungen auftreten, der Nutzung des beeinträchtigten Gebietes sowie von weiteren Kriterien ab.“ (Auszug aus der GIRL) Zulässige Geruchs-Immissionswerte IW für verschiedene Nutzungsgebiete sind: n Wohn-/Mischgebiete: 0,10 n Gewerbe-/Industriegebiete: 0,15 n Dorfgebiete: 0,15 Eine zentrale Kenngröße ist die sogenannte Geruchsstundenhäufigkeit. Damit wird das Auftreten von Gerüchen in einem bestimmten Gebiet in Prozent der Jahresstunden ausgedrückt. Im Fall der Gewerbe- und Industriegebiete wären somit bis zu 15 % der Jahresstunden, die auf Gerüche entfallen, zumutbar. Bei 8 760 Jahresstunden entspricht dies 1 314 Stunden. Die Bestimmung der Geruchsimmissionen kann sowohl durch olfaktometrische Messungen verbunden mit Ausbreitungsrechnungen als auch durch sogenannte Raster- oder Fahnenbegehungen erfolgen. Durch die bundesweite Vereinheitlichung der Regelungen zu dem Umgang mit Gerüchen aus Produktionsanlagen ist auch der Handlungsbedarf in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie gegeben. Für Aufgabenstellungen zur Geruchsabscheidung in dieser Branche stehen generell unterschiedliche Abluftreinigungstechnologien zur Verfügung. Im langjährigen Betrieb haben sich biologische Verfahren als besonders geeignet erwiesen. Autor: Dipl.-Ing. Andreas Breeger, Wessel-Umwelttechnik GmbH, Hamburg S4 SUPPLEMENT 1/2021

01 Biofiltercontainer sind modular und stapelbar konzipiert 02 CO 2 -Bilanz: biologische Systeme vs. thermische Verfahren (mit Stickstoffeintrag) BIOLOGISCHE ABLUFTREINIGUNG Die Abluft aus Lebensmittelbetrieben beinhaltet in der Regel eine hohe Anzahl von mehr oder weniger geruchsaktiven Inhaltsstoffen. Geruchsstoffe sind meist organische Substanzen und im Bereich der Lebensmittelproduktion häufig sehr gut biologisch abbaubar. Aus diesem Grund erreichen Biofilter und Biowäscher hier hohe Reinigungsleistungen mit einer kostengünstigen Regeneration der Waschflüssigkeit. Ein Biowäscher kombiniert physikalische Wäscher mit einer biologischen Belebungseinheit. Dieses Prinzip wird vorrangig bei gut wasserlöslichen Abluftinhaltsstoffen eingesetzt. Das Waschwasser nimmt die Geruchs- und Schadstoffe aus der Luft auf und oxidiert diese mittels zugesetzter Mikroorganismen. Zu den üblichen Geruchs- und Schadstoffen, die mithilfe von Biowäschern aus der Abluft gefiltert werden, zählen beispielsweise Aldehyde, Alkohole, Ketone, Carbonsäuren und andere Kohlenwasserstoffverbindungen. Das Waschwasser der Anlage wird in einer geschlossenen, kreislaufgeführten Wasseraufbereitung kontinuierlich regeneriert und wiederverwendet. Biologische Abluftreinigungsanlagen im Allgemeinen und Biowäscher im Speziellen gelten daher als nachhaltige Systeme zur Abluftreinigung. Im Prozess entsteht kaum Abwasser. Sekundäremissionen wie CO 2 , SO 2 , CO, NOx oder Dioxin gibt es bei diesen Reinigungsanlagen nicht. Auch Abwärme wird nicht erzeugt. Die im Laufe der Reinigung mithilfe von Mikroorganismen und Biokatalysatoren anfallende Biomasse, die abgegeben werden muss, fällt gering aus und kann mit anderen Produktionsabwässern abgeleitet werden. SCHADSTOFFE ABBAUEN Biofilter spielen vor allem bei komplexeren Aufgabenstellungen in der Abluftreinigung eine große Rolle. Die belastete Abluft wird durch ein Filtermedium geleitet, i. d. R. ein organisches Trägermaterial, an dem die Gerüche und Schadstoffe abgeschieden werden. Auf dem Trägermaterial sind Mikroorganismen angesiedelt, die die Geruchsstoffe zu unkritischen Komponenten verstoffwechseln. Besonders bei der Beseitigung von Geruchsstoffen sind Biofilter eine sehr effiziente und vergleichsweise kostengünstige Art der Biofiltration – mit einer Effizienz von bis zu 99 %. Die Biofilter haben in vielfältigen Anwendungsgebieten einen hohen Wirkungsgrad, auch für schwerer wasserlösliche Abluftinhaltsstoffe. Biofilteranlagen sind i. d. R. modular aufgebaut, wodurch sie bei Bedarf entsprechend erweiterbar und platzoptimiert realisiert werden können. PRAXISBEISPIEL KAFFEE-INDUSTRIE Ein Unternehmen in der kaffeeverarbeitenden Industrie war durch seine innerstädtische Lage behördlicherseits dazu aufgefordert worden, Geruchsemissionen aus den Produktionsprozessen zu reduzieren. Die Gerüche entstehen im Bereich der Kaffeeröstung und -vermahlung. Nach Durchführung einer Machbarkeitsstudie inklusive Testreihen mit verschiedenen Pilotanlagen hat sich das Unternehmen entschieden, einen Biowäscher von Wessel-Umwelttechnik GmbH großtechnisch zu installieren. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse, wie häufig für innerstädtische Anwendungen gegeben, wurde der zweistufige Biowäscher auf einem Dach installiert. Die Zweistufigkeit der Biowäscher- Anlage ist in diesem Falle notwendig, da Abscheidungsleistungen deutlich über 90 % Geruchsminderung für diesen Standort erreicht werden mussten. PRAXISBEISPIEL FRÜHSTÜCKSCEREALIEN Bei der Produktion von Frühstückscerealien entstehen an Backstraßen, Toastern und Fritteusen Geruchsemissionen, die abgereinigt werden müssen. Aufgrund der Zusammensetzung der Abluft wurde für diesen Anwendungsfall eine Kombinationsanlage bestehend aus Biowäscher und Biofilter installiert. Im Biowäscher werden gut wasserlösliche Geruchskomponenten abgeschieden, der nachgeschaltete Biofilter reinigt die schwerer wasserlöslichen Geruchskomponenten ab. Die Kombination aus Biowäscher und Biofilter zeichnet sich durch eine große Robustheit aus, mit einer hohen Toleranz gegenüber Schwankungen in der Abluftbeschaffenheit. Die Anlage muss Wirkungsgrade für die Geruchsabscheidung deutlich größer 90 % erreichen – bei Eingangskonzentrationen von bis zu 5 000 GE/m3. Das vorgenannte Beispiel zeigt ca. vierfach geringere CO 2 -Emissionen als bei energieeffizienten RTO-Verfahren. Durch den Eintrag von Stickstoffverbindungen über die Abluft in die Nachbrennungsanlagen wird u. a. Lachgas (N 2 O) gebildet, das ca. 300-mal klimarelevanter als CO 2 ist. Biologische Abluftreinigungssysteme zeichnen sich also nicht zuletzt wegen ihrer Nachhaltigkeit im Vergleich zu anderen Verfahren aus – vor allem das Thema Sekundäremissionen sollte bei der Entscheidung für ein passendes System eine wichtige Rolle im Hinblick auf die eigene CO 2 -Bilanz spielen. Fotos: Wessel-Umwelttechnik www.wessel-umwelttechnik.de SUPPLEMENT 1/2021 S5

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