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MY FACTORY 03/2023

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SMART PRODUCTION

SMART PRODUCTION INTELLIGENTE MACHINE VISION EIN SCHLÜSSEL ZUR SMARTEN FABRIK Eine Schlüsseltechnologie, die eine durchgängige Prozessüberwachung und Qualitätsprüfung im Produktionsprozess ermöglicht, ist Machine Vision. Integrierte, teilweise mit KI ausgestattete Industriekameras fungieren als das sehende Auge und machen es dadurch überhaupt erst möglich, dass Maschinen und Roboter situationsbezogen reagieren und ihre Arbeit selbstständig verrichten können. Damit leisten die intelligenten Kameras einen entscheidenden Beitrag zur Automatisierung der Produktion. Industriekameras übernehmen in modernen Fertigungsstraßen ähnliche Aufgaben wie hochspezialisierte Sensoren. Ein entscheidender Vorteil ist jedoch die Fähigkeit, mehrere Aufgaben zu verrichten, da Kameraaufnahmen eine weitaus flexiblere Auswertung verschiedener (optischer) Merkmale ermöglichen. Keine andere Komponente sammelt und interpretiert so viele Daten wie die Bildverarbeitung. Sie erlaubt es, das Gesehene wie Produktmerkmale (z. B. Länge, Abstände, Anzahl), Zustände („Presence/Absence“) oder die Qualität im Produktionsablauf zu überprüfen, zu verarbeiten und die Ergebnisse an die Systeme im Wertschöpfungsnetzwerk zu übertragen. Dabei wird nicht nur ermittelt, ob das geprüfte Teil die gewünschten Merkmale erfüllt bzw. gut oder schlecht ist, sondern je nach Ergebnis eine intelligente Handlung wie das automatisierte Aussortieren gesteuert. Von diesem Plus an Flexibilität profitieren vor allem kleinere und mittlere Unternehmen, für die die Automatisierung ihrer Fertigung aufgrund einer geringeren Stückzahl in der Produktion nicht wettbewerbsfähig realisierbar war. Kommen Kameras statt Sensoren zum Einsatz, können auch Kleinserien ab einem Teil automatisiert oder Serien nachträglich skaliert werden. INDUSTRIEKAMERAS MACHEN ROBOTER UND MASCHINEN SEHEND Industriekameras werden heute bereits in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt. Dabei übernehmen sie ein breitgefächertes Aufgabenspektrum, beispielsweise in der Inline-Qualitätsinspektion und allgemeinen Qualitätskontrolle. Verknüpft mit der Fertigungslinie überprüfen sie die Produkte auf Abweichungen oder Makel, sodass jene Produkte, die nicht den gewünschten Anforderungen entsprechen, ausgemustert werden können, ehe sie die Produktionshalle verlassen. Im Vergleich zum menschlichen Auge arbeiten Machine Vision Systeme schneller, genauer und zuverlässiger, da ihnen selbst bei hoher Taktung kein Detail entgeht. Zudem können Mitarbeitende bei „monotonen“, aber für Menschen mental herausfordernden Sortier- und Prüfaufgaben entlastet werden, da die Vision Systeme nicht ermüden. Weitere Einsatzfelder sind die automatisierte Zuführung (Intralogistik) und Bereiche in denen Prüf- und Messverfahren von beispielsweise Form, Maßhaltigkeit oder Farbe „berührungslos“ sein sollen.

Bei Embedded-Vision-Systemen erfolgt die Verarbeitung der „gesehenen“ Daten sowie die daraus folgende Steuerung on device – also auf der Kamera – bzw. werden die abgeleiteten Befehle unmittelbar an den verknüpften Roboter weitergegeben. Die Übertragung von Daten und Ergebnissen zur Beurteilung durch einen externen PC wird dadurch überflüssig und entsprechende Systeme können platzsparend in der Fertigungslinie integriert werden. NEUE WEGE IN DER BILDVERARBEITUNG MIT KI Einen Schritt weiter gehen Industriekameras mit künstlicher Intelligenz (KI). Sie eröffnen völlig neue Anwendungsfelder. Während viele Roboter ihre Umgebung nicht verstehen und lediglich befehlsbasiert arbeiten können, ermöglichen KI-basierte Systeme, dass diese adaptiv reagieren. Notwendig wird diese Fähigkeit z. B. bei der Erkennung und Verarbeitung von Objekten mit natürlicher Varianz, wie Lebensmittel, Pflanzen oder andere organische Objekte, bei denen Farbe, Oberfläche, Größe, Gewicht oder Form eine große Varianz aufweisen. KEINE ANDERE KOMPONENTE SAMMELT UND INTERPRETIERT SO VIELE DATEN WIE DIE BILDVERARBEITUNG Die KI lässt sich mit den entsprechenden Daten so trainieren, dass ein breites Spektrum zuverlässig erkannt, kategorisiert und damit auch verarbeitet werden kann. Soll beispielsweise Obst auf einem Förderband nach verschiedenen Qualitätsmerkmalen sortiert werden, kann eine Industriekamera mit integrierter Bildverarbeitung auf Basis künstlicher Intelligenz präzise „gut“ von „schlecht“ oder auch weitere Klassen unterscheiden. BLICK IN DIE PRAXIS Machine Vision kann in verschiedenen Unternehmensbereichen im Rahmen von Automatisierungsvorhaben implementiert werden – unter anderem auch in der Intralogistik. Ein Beispiel hierfür findet sich bei dem mittelständischen Transport- und Logistikdienstleister Schnellecke Logistics. Um kostenintensive Reklamationen auf Kundenseite zu vermeiden und gleichzeitig Zeit- und Kostenressourcen zu sparen, unterstützt eine skalierbare Lösung zur automatisierten Warenkontrolle bei der Einhaltung von Qualitäts- und Sicherheitsvorgaben. Bei der Wareneingangs- und Warenausgangskontrolle von Behältern mit Bauteilen kommt ein Foto-Dokumentationssystem zur internen Rückverfolgbarkeit im Lager oder in der Produktionsstätte zum Einsatz. Mittels lichtstarker USB3-Vision-Industriekameras aus der uEye-CP-Familie von IDS wird der Zustand der einzelnen Behälter analysiert und dokumentiert. Während früher Mitarbeitende händisch per Digitalkamera die befüllten Behälter fotografiert haben, übernehmen die Kameras diese Aufgabe dank eines Auslösesensors nun wiederholgenau und vollkommen automatisch. Das PC-basierte Mehrkamerasystem zeigt die Bilddaten an und speichert diese zeitgleich ab. Die Kameras sind an einer brückenähnlichen Konstruktion angebracht, unter der die zu dokumentierenden Behälter hindurch gefahren werden. Ausgelöst durch einen Abstandssensor werden die Behälter automatisch beim Durchfahren von vier Seiten fotografiert. Falls Kunden später Mängel reklamieren, kann anhand Praxisbeispiel Intralogistik: USB3- Vision-Industriekameras von IDS erfassen durchfahrende Behälter auch bei hohen Routenzuggeschwindigkeiten zuverlässig des Bildmaterials schnell und einfach festgestellt werden, ob der Schaden bereits bei der Übergabe vorlag. Zudem können Verpackungsaufkleber mit Bar-, DMC- und QR-Code automatisch eingelesen und verknüpft werden – auch mit einem kundeneigenen Buchungssystem. Das spart Zeit und unnötige Ausgaben. FIT FÜR INDUSTRIE 4.0 Ob beim Sortieren, Prüfen, Zuführen oder Dokumentieren von Teilen und Waren – etliche Schritte im Produktionsprozess lassen sich durch den Einsatz von Machine Vision optimieren. Insbesondere Unternehmen, die gerade noch am Anfang ihres Automatisierungsvorhabens stehen, profitieren von einfach zu handhabenden 2D- und 3D-Vision-Kameras, die sie je nach Bedarf einsetzen können. Auch ohne ein ganzheitliches Smart-Factory- Konzept kann die eigene Fertigung mit solchen Insellösungen sowie Schlüsseltechnologien wie KI für künftige Herausforderungen der Industrie 4.0 fit gemacht werden. Bilder: Pose Automation GmbH de.ids-imaging.com AUTOR Dipl.-Ing. Heiko Seitz, Technischer Redakteur, IDS Imaging Development Systems GmbH ZUSATZINHALTE IM NETZ bit.ly/3XCTBN1 www.myfactory-magazin.de MY FACTORY 2023/03 17

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