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Der Betriebsleiter 11/2016

Der Betriebsleiter 11/2016

BETRIEBSTECHNIK

BETRIEBSTECHNIK Schnappschüsse unerwünscht Das Geheimnis eines guten Wärmebildes 01a+b Auf dem nicht fokussierten Bild (links) ist nur eine diffuse ”Wärmewolke” erkennbar. Das fokussierte Bild (rechts) zeigt deutlich, welches Objekt betrachtet wird, und wo es warm ist Die Thermografie hilft dabei, ein Objekt und dessen Zustand abzubilden und zu bewerten. Im Wärmebild stehen Fakten im Vordergrund. Im Arbeitsalltag geht es um die deutliche Darstellung von Wärmemustern und die Möglichkeit der Temperaturmessung. Das Thermogramm muss einen geeigneten Bildausschnitt aufweisen und das Objekt in geeigneter Größe und Position abbilden. Die Wärmebildkamera nimmt sowohl emittierte als auch reflektierte Strahlung auf. Somit ist das Verhältnis und die Intensität sowohl der vom Objekt abgegebenen und als auch der aus der Umgebung stammenden Infrarotrotstrahlung wichtig. Helligkeit und Kontrast im Bild werden durch Anpassen des gezeigten Temperaturintervalls angepasst. Wie in der Fotografie gibt es auch in der Thermografie zahlreiche Möglichkeiten, ein aufgenommenes Bild nachzubearbeiten, sofern es als radiometrisches Bild gespeichert wurde. Doch nicht alle Einstellungen sind veränderbar und somit sind auch nicht alle Aufnahmefehler reparabel. 02a+b Wärmebild im automatischen Modus (links) und im manuellen Modus (rechts). Das angepasste Temperaturintervall erhöht den Kontrast im Bild und lässt die Fehlstelle deutlich werden Christiane Buchgeister Ein Wärmebild ist schnell gemacht – und dann ebenso schnell einem Untersuchungsbericht z. B. über die Untersuchung einer elektrischen Anlage als Nachweis der durchgeführten Arbeit oder gefundener Fehler beigefügt. Gerne wird dabei vergessen, dass ein Bild, das als Nachweis oder gar Beweis etwa vor Gericht dienen soll, bestimmten Anforderungen standhalten muss. Mit einem Schnappschuss ist es nicht getan. Doch was macht ein gutes Wärmebild aus? Christiane Buchgeister, leitet das Schulungscenter ITC von FLIR Systems AB Während der praktischen Übungen in Thermografieschulungen ist immer wieder festzustellen, wie schwer sich manche Teilnehmer tun, ihre Kamera optimal für die jeweilige Aufgabe einzustellen. Nicht jeder hat einen Hintergrund als Hobbyfotograf, und um ein gutes und aussagekräftiges Wärme bild aufzunehmen, sind sowohl Hintergrundwissen als auch dessen praktische Anwendung wichtig. Somit ist es nicht verwunderlich, dass immer wieder Berichte mit Wärmebildern produziert werden, die jeder Aussage entbehren oder gar falsche Rückschlüsse untermauern und eigentlich nur für den Papierkorb geeignet sind. Solche Berichte finden sich nicht nur in kleinen Firmen, in denen die Thermografie nur eine begleitende „Nice to have“-Funktion erfüllt, sondern auch in großen Betrieben, bei denen diese Berichte Bestandteil z. B. der Prozesskontrolle oder des Unterhaltsprogrammes sind. Es gibt vor allem zwei mögliche Ursachen dafür: Entweder weiß der Anwender nicht, was ein gutes Wärmebild ist und wie er es aufnehmen kann oder es wird – aus welchen Gründen auch immer – nicht sorgfältig gearbeitet. Fokus, Messbereich, Bildausschnitt, Abstand zum Objekt Fokus: Ein professionelles Wärmebild ist immer fokussiert und scharf. Das Objekt und das Wärmemuster müssen klar und deutlich zu erkennen sein. Ein unscharfes Wärmebild wirkt nicht nur unprofessionell und erschwert die Identifizierung des Objektes und der Fehler - stelle, es verursacht zudem Messfehler, die umso gravierender sind, je kleiner das Messobjekt ist. Auch wenn alle anderen Parameter richtig eingestellt sind, werden die Messwerte eines nicht fokussierten Wärmebildes mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch sein. Selbstverständlich spielt auch die Größe der Detektormatrix bei der Bildqualität eine Rolle. Bilder von Kameras mit kleineren Detektoren (d. h. mit weniger Pixeln) sind unschärfer oder „grober“ und es entsteht leicht der Eindruck, sie seien nicht fokussiert. Dabei ist auch zu beachten, dass nicht jede Kamera fokussiert werden kann, und in diesem Falle der Abstand vom Objekt die einzige Fokussiermöglichkeit darstellt. Temperaturmessbereich: Bei handgehaltenen ungekühlten Mikrobolometerkameras ist die „Belichtungszeit“ durch die Bildwiederholfrequenz sozusagen voreingestellt. Somit kann nicht frei gewählt werden, wie lange und damit wieviel Strahlung auf den Kameradetektor fällt. Deshalb muss ein passender Temperaturmessbereich gewählt werden, der der einfallenden Strahlungs- 32 Der Betriebsleiter 11-12/2016

BETRIEBSTECHNIK 03 Graustufen-, Eisen- und Regenbogenpalette menge entspricht. Bei Auswahl eines zu niedrigen Temperaturmessbereichs wird das Bild übersättigt, da Objekte höherer Temperatur mehr Infrarotstrahlung abstrahlen als kältere Objekte. Wird ein zu hoher Temperaturmessbereich gewählt, ist das Wärmebild sozusagen „unterbelichtet“ und wird undeutlich. Für eine Aufnahme bzw. Temperaturmessung sollte daher der niedrigste mögliche in der Kamera verfügbare Temperaturmessbereich gewählt werden. Gleichzeitig muss dieser die höchsten Temperaturen im Bild abdecken. Je nach Kameramodell und Einstellungsmöglichkeiten können überbzw. untersteuerte Bereiche auch mit einer Kontrastfarbe angezeigt werden. Bildausschnitt und Abstand zum Objekt: Der Ausleuchtung in der Fotografie entspricht das Zusammenspiel von Objektstrahlung und reflektierter Umgebungsstrahlung, wobei letztere stört und zumindest Punktreflexionen vermieden werden sollten. Dies geschieht durch Aufsuchen einer geeigneten Aufnahmeposition. Diese sollte auch so gewählt sein, dass auf dem Bild das Objekt Hinweise für die Praxis n Vergewissern Sie sich, dass die Kamera radiometrische Bilder aufnimmt. n Wählen Sie eine geeignete Aufnahmeposition. n Beachten Sie die Strahlungsverhältnisse. n Überprüfen Sie, dass das Objekt frei sichtbar ist und in angemessener Größe und Position abgebildet wird. n Überprüfen Sie den Temperaturmessbereich und achten Sie darauf, dass er bei Änderung des Emissionsgrads weiterhin passt. n Fokussieren Sie. n Verwenden Sie ein Stativ. n Führen Sie eine thermische Bild ­ optimierung durch. n Notieren Sie Objektbezeichnung, Objektgröße, tatsächliche Entfernung, Umgebungs- und Betriebs bedingungen. von Interesse zu sehen ist und nicht verdeckt wird. Wichtig ist auch, dass das zu untersuchende Objekt, bzw. dessen interessanten Bereiche das Wärmebild ausfüllen. Dies gilt vor allem bei der Temperaturmessung von kleinen Objekten. Für eine korrekte Temperaturmessung muss der Messfleck im Wärme - bild vom Objekt vollständig ausgefüllt sein. Da das Bildfeld und damit die Messfleckgröße durch die Entfernung zum Objekt und die Optik definiert sind, muss in diesen Fällen der Abstand zum Objekt ver ringert oder ein Teleobjektiv gewählt werden. Bildoptimierung und Temperaturmessung Paletten und Isotherme: Paletten stellen Intervalle mit jeweils gleichen scheinbaren Temperaturen in unterschiedlichen Farben dar. Sie übersetzen also eine bestimmte Strahlungsintensität in eine spezifische Farbe. Häufig verwendete Paletten sind die Grau-, Eisen- und Regenbogenpalette. Grautöne sind besonders geeignet, um kleine geometrische Details aufzulösen, aber weniger gut für die Anzeige kleiner Temperaturunterschiede. Die Eisenpalette ist sehr intuitiv und damit auch für Laien leicht zu verstehen. Sie bietet eine gute Balance zwischen geome trischer und thermischer Auflösung. Die Regenbogenpalette ist bunter und wechselt zwischen dunklen und hellen Farben. Dadurch ergibt sich ein starker Kontrast, der bei Objekten mit unterschiedlichen Ober flächen oder vielen unterschiedlicher Temperaturen zu einem sehr unruhigen Bild führen kann. Die Isotherme ist eine Messfunktion, die ebenfalls ein bestimmtes Intervall gleicher scheinbarer Temperatur, bzw. Strahlungsintensität in einer – von den Palettenfarben abweichenden – Farbe darstellt. Mit ihr können Wärmemuster im Bild noch deutlicher hervorgehoben werden. Level und Span: Nach Wahl des geeigneten Messbereiches erfolgt die Feinjustierung von Kontrast und Helligkeit im Wärmebild durch das Anpassen des angezeigten Temperaturintervalls. Im manuellen Modus können die in der Palette verfügbaren Falschfarben gezielt auf die Temperaturen des Objektes von Interesse verteilt werden. Im automatischen Modus wählt die Kamera dagegen die kälteste und wärmste scheinbare Temperatur im Bild als untere und obere Grenze des momentan angezeigten Temperaturintervalls. Eine gute, d.h. problemspezifische Skalierung des Wärmebildes ist ein wesentlicher Schritt bei der Interpretation des Bildes und wird leider häufig unterschätzt! Objektparameter: Nicht nur das Wärmebild und seine visuelle Darstellung können bei radiometrisch gespeicherten Bildern nachbearbeitet werden. Es ist auch möglich, die Einstellungen zu ändern, die relevant für die Berechnung der Temperaturen sind. Für die Praxis heißt das, dass z.B. der Emissionsgrad und die reflektierte scheinbare Temperatur im Nachhinein geändert werden können. Sollte man feststellen, dass diese Parameter falsch eingestellt waren oder möchte man später weitere Messpunkte auf anderen Oberflächen hinzufügen, so werden die Temperturmesswerte im Bild den Änderungen entsprechend neu und richtig berechnet. Fazit Um ein gutes Wärmebild aufzunehmen, bedarf es keiner Zaubertricks. Solides Handwerk und sauber ausgeführte Arbeit reichen aus. Viele der erwähnten Punkte mögen trivial klingen und – vor allem Hobbyfotografen – schon lange bekannt sein. Selbstverständlich spielt die Ausrüstung eine gewisse Rolle. Mit besseren, sprich hochauflösenden, Kameras können auch kleine Abweichungen schnell lokalisiert werden, und ohne Fokussierungsmöglichkeit ist es schwieriger, ein scharfes Bild aufzunehmen. Dennoch sind hochwertige Kameras keine Garantie für gute Bilder, wenn schlecht gearbeitet wird. Die Grundlage für gutes und professionelles Arbeiten sind Ausbildung und Training im Bereich Thermografie, Austausch mit anderen Thermografen und natürlich die eigene praktische Erfahrung. www.flir.de www.irtraining.eu Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit Der Betriebsleiter 11-12/2016 33

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