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Der Betriebsleiter 1-2/2017

Der Betriebsleiter 1-2/2017

GRÜNE PRODUKTION I

GRÜNE PRODUKTION I SPECIAL Prima Klima Getriebebauer investiert in energetische Nachhaltigkeit Nord Drivesystems hat in seinem Produktionswerk in Mecklenburg- Vorpommern ein dezentrales, mehrstufiges Kühlkonzept mit Wärmerückgewinnung umgesetzt. Das ressourcenschonende System gewährleistet konstante Raumtemperaturen und schafft dadurch optimale Bedingungen für die Fertigung von Getriebegehäusen, Wellen und Zahnrädern. Nord Drivesystems, der Komplettanbieter von Antriebstechnik, ist seit 1991 in Mecklenburg-Vorpommern vertreten. Das Zerspanungswerk in Gadebusch ist in 25 Jahren auf mehr als das Fünffache seiner Größe bei Betriebsaufnahme gewachsen. Parallel zum immer größeren internationalen Erfolg der Unternehmensgruppe in dieser Zeit wurden nicht nur die Kapazitäten in der Fertigung von Getriebekomponenten stark ausgeweitet, sondern Gadebusch war auch die Wiege der Industriegetriebe, die Nord seit 2009 anbietet. Die Gehäuse für diese zum Teil über drei Tonnen schweren Kraftpakete werden im Fräszentrum in einer einzigen Aufspannung aus einem soliden gusseisernen Block hergestellt. Immer wieder dicke Luft Starkes Wachstum und Hochbetrieb waren sowohl der Unternehmensführung als auch den Mitarbeitern natürlich einerseits willkommen. Andererseits waren sie jedoch mit besonderen praktischen Herausforderungen verbunden. Der Maschinenpark in Gadebusch umfasst über 57 Bearbeitungsanlagen, die vollautomatisch rund um die Uhr Getriebekomponenten und Gehäuse herstellen. Die mannlose Nachtschicht wird tagsüber von den Mitarbeitern vor- und nachbereitet. Die Dreh- und Fräszentren haben jeweils einen eigenen Kühlschmiermittelkreislauf. Standardmäßig waren diese mit Eintauchkühlgeräten ausgerüstet. Die Abwärme wurde in die Halle abgegeben, was sich speziell im Sommer problematisch auswirkte: Die Halle wurde zusätzlich aufgeheizt, die hohen Temperaturen übertrugen sich auch auf die Kühlemulsion, die Kühlgeräte mussten schließlich im Dauerbetrieb laufen und produzierten noch mehr Abwärme. Die unangenehm hohen Hallentemperaturen erschwerten die Arbeit für die Mitarbeiter. Doch damit nicht genug: Mit der Abluft wurde auch ein leicht öliger Nebel in die Halle freigesetzt, der im wahrsten Sinn des Wortes für dicke Luft sorgte und einen erhöhten Reinigungsbedarf verursachte. Mut zur Ökoinitiative Die Betriebsleitung ergriff die Initiative und ließ mehrere alternative Kühlkonzepte erar- beiten. Ziele waren die Gewährleistung der Maschinenverfügbarkeit, gleichmäßige Raumtemperaturen und saubere Luft in der Fertigungshalle. Die Lösung sollte sich durch Betriebskosteneinsparungen amortisieren und sich jederzeit leicht für zukünftige Kapazitätserweiterungen skalieren lassen. Ausgewählt wurde ein Konzept mit mehreren Kühlkreisläufen und –technologien, das den Gegebenheiten eines Betriebs mit mehreren Hallen und diversen Bearbeitungsanlagen optimal gerecht wird. Da bis dato noch keine derartige Anlage existierte, ging man besonders sorgfältig an die Umsetzung heran. Sie erfolgte – auch um dem Gedanken der Nachhaltigkeit in jeder Hinsicht gerecht zu werden – in drei aufeinander aufbauenden Schritten, die jeweils noch Anpassungen an später erkannte Gegebenheiten und Anforderungen zuließen. Schrittweise Abkühlung Zuerst wurden in den Hallen 3 und 4 an 24 Bearbeitungsanlagen die bestehenden 10- bis 15-kW-Eintauchkühlgeräte durch Plattenwärmetauscher mit Leistungen von 15 bis 30 kW ersetzt und ein zentrales Kühlsystem installiert. An den internen Kühlschmiermittelkreisläufen mit Reinigungsstufe, Rückführung und Späneentsorgung wurde nichts verändert. Ein Wärmesensor misst die Temperatur des Kühlmitteltanks. Der Plattenkühler, ausgestattet mit einer 0,8-kW- Pumpe, wird nach Bedarf geregelt. Das Kühlmedium wird durch das Plattenlabyrinth ge- 38 Der Betriebsleiter 1-2/2017

01 Die neue effiziente Kühltechnik spart Energie, sorgt für ein gutes Betriebs - klima und schafft optimale Bedingungen für hohe Fertigungsqualitättät Externe Kompetenz Das Ingenieurbüro für Haustechnik Michael Hänsch aus Falkensee besteht seit 25 Jahren und hat seit 2006 mehrere Projekte mit Nord durchgeführt. Das Planungsbüro beriet den Antriebshersteller bei der Durchführung des Projekts, gab den Anstoß für die Nutzung der Abwärme und dimensionierte die Kühltechnik und die Wärmerückgewinnungsanlage mit den benötigten Schnittstellen zu den bestehenden Heiz- und Lüftungsanlagen. Es wählte die Steuerungssoftware aus, passte sie für das Werk an und betreut die Anlage heute unter anderem mithilfe eines Fernzugriffs auf das Leitsystem. www.ingenieurbuero-haensch.de leitet und von 23 bis 25°C auf 21 bis 22°C gekühlt. Im Gegenstrom fließt Wasser, das die Wärme abführt. Die Kühlmitteltanks an den Maschinen wirken bereits thermisch ausgleichend. Durch die elektronische Regelung des Plattenkühlers wird insgesamt eine sehr konstante Temperatur erreicht. Alle 21 dezentralen Kühlgeräte sind in einem übergeordneten Kühlkreislauf mit drei 250-kW-Plattenwärmetauschern verbunden, die eine wichtige Schnittstelle für Phase 2 darstellen. Hier wird etwa 15 bis 18°C kaltes Wasser aus einem dritten Kreislauf zum Kühlen verwendet: Die Kühlleistung erbringen zwei winterfeste Free-Cooler-Systeme, die außerhalb der Hallen stehen und bis zu einer Außentemperatur von 14°C energieautark arbeiten. Bei höheren Temperaturen springen ihre integrierten Kältemaschinen ein. Stufenweise Durchführung In der zweiten Phase wurden 23 Maschinen in den Hallen 1 und 2 mit dezentralen Plattenkühlern ausgestattet und an den in Phase 1 fertiggestellten Kreislauf zur zentralen Abführung der Abwärme angeschlossen. Daraufhin folgten Investitionen zur Nutzbarmachung der Abwärme. Zwei Wärmepumpenanlagen und ein 5000-Liter-Warmwasserspeicher wurden aufgebaut und an die Heizungsanlage angeschlossen. Bis zu einer Außentemperatur von -2°C werden die Hallen allein über die Wärmerückgewinnung beheizt. In der dritten Phase wurden auch noch die Hydrauliksysteme der Bearbeitungsmaschinen mit dezentralen Plattenkühlern ausgestattet und in den Kühlkreislauf integriert. Ein neu eingeführtes softwaregestütztes Leitsystem für Heizung und Belüftung organisiert – auch mit Blick auf die Preissituation für unterschiedliche Energieformen – den richtigen Mix aus Erdgas (für die Heizthermen) und Strom (für die Wärmepumpen). Fazit Die reduzierten Heizkosten schlagen deutlich zu Buche. Der Erdgasverbrauch ist um etwa 55 % zurückgegangen. Darüber hinaus wurden weitere wichtige Ziele erreicht. So wurde nicht nur ein integriertes, effizientes Energiemanagementsystem eingeführt, sondern auch die Luftqualität deutlich verbessert. Die Temperaturen in den Produktionshallen sind konstant mit maximalen Schwankungen von etwa 5°C. Die Arbeitsbedingungen sind optimal für die Mitarbeiter ebenso wie für die Maschinen. Die geforderte Qualität kann auch im Sommer ohne Mehraufwand sichergestellt werden. Die Investition in die gleichmäßige Klimatisierung trägt dazu bei, dass das Nord- Werk in Gadebusch seine Stellung als Hightech-Produktionsunternehmen und Vorzeigebetrieb in Mecklenburg-Vorpommern auch in Zukunft halten und noch weiter ausbauen kann. Bilder: Getriebebau Nord Wer erklärt mir meine Stromrechnung? Bekommt mein Betrieb eine Förderung für Photovoltaik? Mit einem Anruf zur Beratung: 0211 /837-1914 Das Klimaprofit Center NRW lotst Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen durch die vielen Fragen und Angebote zum Thema Energieeffizienz. Die passende Beratung, Kontakt zu anderen Unternehmen in Netzwerken oder Online-Rechner – hier gibt es alles aus einer Hand. Engagement in Sachen Klimaschutz zahlt sich aus. Das Klimaprofit Center NRW zeigt den Weg zum Erfolg. www.energieagentur.nrw/kpc www.nord.com 02 Zwei 250-kW-Plattenwärmetauscher sind als Teil des neuen, energieeffizienten Kühlkonzepts mit außen aufgebauten winterfesten Free-Cooler-Systemen verbunden Im Fokus Nachhaltigkeit Effizienz Sicherheit Der Betriebsleiter 1-2/2017 39 Energieagentur.indd 1 23.01.2017 13:07:02

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