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MY FACTORY 1/2021

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MY FACTORY 1/2021

BETRIEBSTECHNIK WER IST

BETRIEBSTECHNIK WER IST ZUSTÄNDIG? VERANTWORTLICHKEITEN KLAR DEFINIEREN Ein Mitarbeiter der Instandhaltung stürzt bei der Wartung einer Maschine von einer ungesicherten Leiter. Wer hat den Unfall zu verantworten? Der verunglückte Mitarbeiter? Der Leiter der Instandhaltung? Der Bereichsleiter? Immer wieder werden Berater für Betriebs- und Sicherheitsmanagement von DuPont Sustainable Solutions mit Vorfällen konfrontiert, die durch unklare Zuständigkeitsverhältnisse im Betrieb entstanden sind. Hier kann das „Hausherrenprinzip“ Abhilfe schaffen. In der Beratungstätigkeit machen die Experten von DuPont Sustainable Solutions regelmäßig die Erfahrung, dass trotz z. B. einer erfolgten Pflichtenübertragung (gemäß DGUV Vorschrift 1 §13) des Unternehmers an leitende Personen und Führungskräfte das Prinzip des wirklich gelebten „Hausherrenprinzips“ ausbleibt. So übernehmen Bereichsleiter etwa Verantwortung für Produktion, Budget und Personal in ihrem Bereich, delegieren Teilbereiche jedoch oft an andere Mitarbeiter, Abteilungen oder Servicebereiche, die diese möglicherweise ebenfalls weitergeben. So kann Ungewissheit über die Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben entstehen. Welche möglichen Folgen das nicht Einhalten des „Hausherrenprinzips“ im Betrieb haben kann, zeigt das folgende Szenario in einem metallverarbeitenden Betrieb: Ein Bereichsleiter erteilt einen Arbeitsauftrag an die Instandhaltung, da eine Führungsschiene an einer Maschine abgetrennt und ersetzt werden muss. Der Leiter der Instandhaltung nimmt den Auftrag entgegen und teilt dem Bereichsleiter mit, dass die Arbeiten im Laufe der nächsten Arbeitswoche begonnen werden. In der darauffolgenden Woche meldet sich ein Mitarbeiter der Instandhaltung beim Maschinenbediener, legt ihm die vom Instandhaltungsleiter unter- 42 MY FACTORY 2021/01-02 www.myfactory-magazin.de

BETRIEBSTECHNIK schriebene Arbeitserlaubnis für Heißarbeiten vor und beginnt unverzüglich mit den Flexarbeiten mit dem Winkelschleifer. Während der Reparatur beginnt an einer unmittelbar angrenzenden Maschine eine Fremdfirma mit einer Reinigung. Es werden leicht entzündliche Reinigungsmittel und Druckluft eingesetzt. Durch einen fehlenden Schutzvorhang entzündet sich durch Funkenflug das Reinigungs-mittel und es kommt zu einer Verpuffung. Wäre der „Hausherr“ seiner Verantwortung nachgekommen, wäre bei der Prüfung der Gegebenheiten und Unterzeichnung des Erlaubnisscheins aufgefallen, dass der Schutzvorhang fehlt und die Instandhaltungsarbeiten nicht parallel zur Reinigung durchgeführt werden dürfen. Wer sollte in diesem Beispiel und allgemein „Hausherr“ sein? EIN BETRIEBSGELÄNDE, MEHRERE HAUSHERREN Ein Betriebsgelände sollte mehrere von der Standortleitung bestimmte „Hausherren“ haben. Jeder „Hausherr“ hat eine umfassende Vollmacht in seinem Zuständigkeitsbereich und ist für alle sich dort aufhaltenden Personen verantwortlich. Der definierte Bereich sollte neben den eigentlichen Arbeitsbereichen auch Zu- und Ausfahrten sowie Außenbereiche enthalten. Zu beachten ist, dass die Verantwortung des Unternehmers bleibt, trotz erfolgter oder nicht erfolgter Delegation einschließlich zugeordneter Kontrollund Überwachungsfunktionen! Gibt es keinen „Hausherren“ oder nimmt dieser seine Verantwortung nicht wahr, kann das erhebliche Folgen für die Sicherheitsleistung und die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Bereichs und des gesamten Unternehmens haben. Bei Tätigkeiten von Personen in fremden Bereichen, verlassen sich Vorgesetzte erfahrungsgemäß häufig gegenseitig auf die Erfüllung der jeweiligen Pflichten und Standards. Durch fehlende Sicherheitseinweisungen und/oder DIE KLARE DEFINITION VON VERANTWORTLICHKEITEN IN EINEM BETRIEB MACHT ES LEICHTER, ENTSCHEIDUNGEN ZU TREFFEN UND VORFÄLLE AUFZUARBEITEN Gefährdungsbeurteilungen in der Schnittstelle der Gewerke kann es nicht nur zu Produktionsausfällen kommen, sondern auch zu Unfällen, die die Gesundheit oder sogar das Leben von Mitarbeitern in Gefahr bringen. Der Mangel eines „Hausherren“ ist somit eine Vernachlässigung der Führungsverantwortung. SOZIALER EINFLUSS WIRKT SICH AUF VERHALTEN AUS Das Nicht-Einhalten von Sicherheitsmaßnahmen bereichsfremder Mitarbeiter wirkt sich darüber hinaus indirekt auch auf die Mitarbeiter des Bereichs aus. Man stelle sich vor, die Mitarbeiter arbeiten im Tagesgeschäft sicher und nach Vorschrift. Wenn nun regelmäßig Mitarbeiter aus anderen Abteilungen oder Mitarbeiter von Fremdund Partnerfirmen Risiken eingehen und sich unsicher verhalten, ohne dabei zu Schaden zu kommen, hat dies einen negativen Einfluss auf das Sicherheitsverhalten der Stamm-Mitarbeiter. Hier kommen kognitive psychologische Aspekte ins Spiel, die das Mit einer „Hausherren-Landkarte“ lassen sich Bereichsverantwortliche an einem Standort eindeutig identifizieren Urteilsvermögen beeinträchtigen. Einer der Mitarbeiter könnte sich aufgrund der Handelsweise des Kollegen aus der anderen Abteilung dazu entschließen, selbst unsicher zu handeln. VORTEILE DES HAUSHERRENPRINZIPS Wenn „Hausherren“ ihre Rolle gewissenhaft ausüben, arbeiten sie selber nicht nur sicherer, sondern erfüllen auch eine Vorbildfunktion im Betrieb. Das führt erfahrungsgemäß dazu, dass Mitarbeiter mehr und eher Eigenverantwortung für Sicherheit annehmen. Die klare Definition von Verantwortlichkeiten nach dem „Hausherrenprinzip“ macht es zudem leichter, Entscheidungen zu fällen und Vorfälle aufzuarbeiten. Daher sollte das „Hausherrenprinzip“ ein essenzieller Bestandteil des Sicherheitsmanagements der Organisation und der Führungsaufgabe sein. Bilder: DuPont Sustainable Solutions www.dssconsulting.de UNTERNEHMEN DuPont Sustainable Solutions Darmstädter Landstraße 116, 60598 Frankfurt Telefon: 06102 796 9000 E-Mail: info.de@consultdss.com AUTOR Ludwig Gulow, Berater für Sicherheitskultur und Risiko Management, DuPont Sustainable Solutions BETRIEBSSICHERHEIT IM FOKUS Das „Hausherrenprinzip“ besagt, dass in jedem Bereich eine Person – der „Hausherr“ – für die Sicherheit, Gesundheit und Ordnung aller anwesenden Personen sowie für die technische Sicherheit dieses Bereiches verantwortlich ist. www.myfactory-magazin.de MY FACTORY 2021/01-02 43

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