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Der Betriebsleiter 7-8/2019

Der Betriebsleiter 7-8/2019

BETRIEBSTECHNIK

BETRIEBSTECHNIK Container statt Inseln Gipskartonplattenhersteller erzielt hohe Einsparungen mit zentralisierter Druckluftversorgung 01 02 Mit einem neuen Druckluftkonzept konnte ein Gipskartonplattenhersteller die Stromkosten in seinem Werk signifikant senken. Parallel wurde die Betriebssicherheit deutlich erhöht. Herzstück ist eine Containerstation mit vier öleingespritzten Schraubenkompressoren, die in ein zentrales Netz einspeisen. Unter der Marke Siniat stellen wir hier pro Jahr mehrere Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten in unterschiedlichen Dicken und Breiten her“, erläutert Jörg Langrock, Werkleiter der Etex Building Performance GmbH (EBP) in Lippendorf bei Leipzig. Die Rezeptur für die Gipsmasse variiert dabei mit der angestrebten Qualität. So laufen in Lippendorf neben der Standardplatte beispielsweise auch Sonderausführungen für Feuchträume oder Brandschutzbereiche vom Band. Verarbeitet wird sog. Industriegips aus der Rauchgasentschwefelung des Braunkohlekraftwerks Lippendorf direkt nebenan. „Dieser weist weniger Fremdbestandteile auf als der in der Natur vorkommende Gipsspat und lässt sich deshalb hervorragend verarbeiten. Aufgrund der Eigenschaften Autorin: Stephanie Banse, Journalistin in Hamburg der hier verbrannten Kohle hat unser Gips zudem einen sehr hohen Weißheitsgrad.“ Das bringt den Lippendorfern den Vorteil, dass sie nicht nur Gipskartonplatten herstellen, sondern den Gips auch als Ausgangsprodukt für Spachtelmassen u. Ä. weiterverkaufen können. „Sowohl für den Verkauf als auch für die Nutzung in unserer Plattenproduktion muss der Rohgips aber zunächst gebrannt werden“, erläutert Langrock. „Bei dieser Kalzinierung entsteht Stuckgips, der sich im Vergleich zum hydrophoben Ausgangsprodukt mit Wasser mischen lässt.“ Bisher Insellösungen für die Drucklufterzeugung Druckluft wird bereits für den Kalzinierungsprozess benötigt: Sie reinigt die Filter und steuert Ventile und Zylinder. Die Plattenanlage ist ein weiterer großer Abnehmer. Sie nutzt Druckluft sowohl für die Transportprozesse entlang der Bandstraße als auch zum Fördern der trockenen Additive, die dem Gipsbrei vor seiner Verarbeitung zugesetzt werden. „Wir haben sehr viele Druckluftspitzen, denn die Förderanlagen brauchen oft kurzfristig enorm viel Luft“, erklärt Gerd Braams, der bei EBP für die Bereiche Wartung und Inspektion zuständig ist. „Manchmal überlagern sich auch produktionsbedingt mehrere Spitzen. Diese hohen Bedarfe müssen wir unverzüglich bedienen können, damit der Prozess nicht gestört wird oder zum Erliegen kommt.“ Seit der Gründung des Werkes im Jahr 2001 wurde die Produktion sukzessive ausgebaut. Parallel musste die Druckluftver­ 03 6 Der Betriebsleiter 7-8/2019

01+02 Pro Jahr werden in Lippendorf mehrere Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten in unterschiedlicher Dicke und Breite produziert sorgung mitwachsen. Daraus entstand über die Jahre ein dezentrales anlagenbezogenes Druckluftkonzept in Form von drei Insellösungen. „Jeder Kompressor hat nur einen bestimmten Anlagenteil versorgt“, erinnert sich Braams. „Das hatte den Nachteil, dass sich die Druckluftstationen bei Ausfällen einzelner Maschinen nicht gegenseitig unterstützen konnten.“ Letztlich sei das der Grund dafür gewesen, die Druckluftversorgung im Frühjahr 2016 völlig neu zu planen. Auslöser war der Ausfall eines Kompressors. „Das war eine etwas größere Sache“, blickt David Schumann zurück. Er ist Vertriebsleiter bei der Wiewald GmbH, einem Vertragshändler von Atlas Copco, der sich bereits seit der Werksgründung um die Druckluftanlagen in Lippendorf kümmert. „Unser Vorschlag war, das bestehende Druckluftkonzept genau zu prüfen und auf Verbesserungspotenziale abzuklopfen, anstatt einfach nur den defekten Kompressor zu reparieren.“ Wiewald habe sich dann die gesamte Druckluftversorgung angeschaut und auf Reserven überprüft, beschreibt Schumann die Vorgehensweise: „Die Verbrauchsmessungen ergaben, dass der maximale Volumenstrom zum damaligen Zeitpunkt bei 49,5 m 3 /min lag.“ Das sei insgesamt zwar ausreichend gewesen, allerdings nur, wenn man die Insellösungen addierte. Probleme an einer Station hätten bereits den angebundenen Produktionsbereich eingeschränkt. „Am Ende der Prüfung haben wir empfohlen, alle Drucklufterzeuger zu zentralisieren und die Druckluft in ein gemeinsames Netz mit einem entsprechenden Leitungsquerschnitt einzuspeisen“, sagt Schumann. Neue Druckluftstation im Container „Wir haben uns dann bewusst für einen Container entschieden, der außerhalb der Produktion steht“, erklärt Braams. „Denn in der Halle gab es zum einen keinen vernünftigen Platz, zum anderen hätten wir mit der Luft immer auch etwas Staub angesaugt, der in Verbindung mit Feuchtigkeit einen Kompressor schnell lahmlegen kann.“ Mit der neuen Station wurde außerdem das komplette Leitungsnetz saniert. Heute versorgt eine Ringleitung die gesamte Produktion. Die Leitungsquerschnitte wurden von 1 bis 1,5 auf 2 bis 3 Zoll erhöht. „Für den Container haben wir ein maßgeschneidertes Konzept entwickelt“, berichtet Ilja Koschew, der als Meister Instandhaltung bei EBP an der Planung und Umsetzung der neuen Druckluftversorgung beteiligt war. „Das begann mit der Auswahl des Aufstellungsortes, dem Einsetzen der Türen und der Innenisolierung. Außerdem mussten wir festlegen, wie die Luft in den Container hineinkommt und wie wir die Wärme wieder herausholen.“ Darüber hinaus habe man sich im Vorfeld viele Gedanken über die Sensorik und Steuerung gemacht, um später im Betrieb nicht dauernd selbst eingreifen zu müssen. „Die Zusammenarbeit mit Wiewald war tipptopp“, lobt Koschew. „Denn für beide Seiten galt: Der Container ist dann fertig, wenn er so läuft, wie wir es vorher geplant haben.“ Besonders stolz ist Koschew auf das Sicherheitskonzept, das er maßgeblich mitentwickelt hat. „Der Container ist so abgesichert, dass nicht unbedingt ein Elektriker vor Ort sein muss, um die Anlage freizuschalten“, erklärt der Elektrotechniker. „Wir haben einen Reparaturschalter an jedem Kompressor vorgesehen. Damit kann ich den Kompressor normal herunterfahren, 03+04 Bei der Planung der neuen zentralen Druckluftversorgung entschied man sich für eine Containerlösung. Im Container sind vier öleingespritzte Schraubenkompressoren von Atlas Copco untergebracht 04

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