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Der Betriebsleiter 7-8/2019

Der Betriebsleiter 7-8/2019

ROBOTERBAU IM GRIFF

ROBOTERBAU IM GRIFF MONTAGE UND HANDHABUNG Bis vor wenigen Jahren war Roboterbau noch Schwerstarbeit. Bei Kuka in Augsburg übernimmt seit einiger Zeit ein Roboter das Handling der schweren Komponenten. So entlastet er seine menschlichen Kollegen und baut praktisch seine kleineren Brüder. Wichtigstes Handwerkszeug des Roboterbau-Roboters sind hierbei die unterschiedlichen Wechsel-Greifer. Der Roboterspezialist Kuka hat nicht nur Automatisierungslösungen für andere im Programm – im Kuka-Werk in Augsburg kommt hauseigene Technik zum Einsatz, um Produkte für die Kundschaft zu bauen. Hinter einem Schutzzaun arbeitet ein Kuka KR 1000 Titan, einer der stärksten Roboter der Welt, und fertigt kleinere Kuka-Roboter. Der Titan trägt seinen Namen zu recht: Er besitzt ein Eigengewicht von 5 t und eine Reichweite von bis zu 3,6 m. Als Schwerlastroboter bewegt der Riese sehr schwere Bauteile und Komponenten sicher und präzise auch über große Distanzen. Seine Wiederholgenauigkeit liegt, bei einer maximalen Lastaufnahme von 1 300 kg, bei ± 0,1 mm und lässt damit selbst schwerste Bauteile zu hochpräzisen Komponenten werden. ACHSE-1-MONTAGE MIT DEM TITAN Normalerweise wird der Sechs-Achs-Roboter KR Titan bei Palettier-, Verpackungs- und Schweißarbeiten eingesetzt. Im Kuka-Werk fertigt der orangefarbene Riese in einer Zelle jedoch das Grundgerüst seiner etwas kleineren Brüder, unter anderem die des Konsolroboters KR Quantec K und des Schwerlastroboters KR Fortec. Dabei muss der KR Titan eine ganze Reihe von Handlingund Fügeaufgaben bewältigen. Der Koloss verfährt dazu auf einer Autor: Gregor Neumann, Medien & Kommunikation, Zimmer Group Schiene mit einer maximalen Geschwindigkeit von 1,45 m/s, um sich mit den einzelnen Werkstücken zu versorgen. Bei der sogenannten Achse-1-Montage wird das Grundgestell auf das Karussell des zukünftigen Roboters montiert. Das Grundgestell bildet die Basis des Roboters. An ihm befinden sich die Schnittstellen zwischen der Robotermechanik und der Steuerung. Das Karussell zeichnet sich für die Drehbewegung (Achse A1) verantwortlich und ist mit dem Grundgestell über ein Getriebe gekoppelt. Ist das Grundgestell mit dem Karussell verbunden, werden die zwei gefügten Teile von zwei Mitarbeitern in Empfang genommen. Sie erhalten die beiden Teile über einen Drehtisch, auf dem die Komponenten in speziell entwickelten 3-Achspositionierern fixiert sind. Nach dem finalen Verschrauben und einer Endkontrolle wird der unfertige Korpus des zukünftigen Roboters zur nächsten Arbeitslinie weitergeleitet. AUTOMATION BRINGT ZAHLREICHE VORTEILE Noch bis 2013 fertigte Kuka die Roboter im Augsburger Werk in einer Inselfertigung. Die Mitarbeiter arbeiteten an immer nur einem Robotertyp. Heute können in der Linienfertigung mit dem KR Titan gleich mehrere Robotertypen gefertigt werden. Da die Arbeiter nun nicht mehr mit großen Gewichten hantieren müssen, reduziert sich zudem die Zahl ihrer Krankheitsausfälle. Ein weiterer Vorteil: Während früher die Mitarbeiter pro Schicht nur an einer Anlage eingesetzt waren, wird die Arbeit nun durch die Automatisierung entzerrt. Vor der Umstellung waren die Rüstzeiten deutlich höher und die Mitarbeiter mussten die mehrere hundert Kilogramm schweren Teile mit Unterstützung eines Krans manuell auf die Arbeitsfläche laden und präzise ausrichten. Die Gefahr, die teuren Teile beim Be- oder Entladen mit dem Kran zu beschädigen, entfällt, und es entsteht praktisch kein Ausschuss mehr. Der KR Titan benötigt für das komplette Handling nur noch wenige Minuten. Damit konnte auch die Produktivität entscheidend erhöht werden. BAHNHOF FÜR DIE GREIFER Wichtigstes Handwerkszeug für die Montage der kleineren Roboter sind für den KR Titan die verschiedenen Wechsel-Greifer der S12 SUPPLEMENT 2019

Zimmer Group aus Rheinau. Mit ihnen handhabt der Roboter die verschiedenen Komponenten und die Wechselvorrichtungen. Damit wechselt er auch die von den Kuka-Experten gefertigten typspezifischen Fügevorrichtungen aus. Insgesamt 17 unterschiedliche Greifer sind dabei im Einsatz – vom klassischen 2-Backen- Greifer bis hin zum komplexen Greifersystem. Am sogenannten Greiferbahnhof nimmt sich der Schwerlastroboter einen speziellen Greifer oder legt einen Greifer an einem freien Magazinplatz ab. Für Kuka gab es viele Gründe, sich für Greifer von Zimmer zu entscheiden. Markus Keese, Teamleiter Projektierung und Kalkulation bei Kuka, führt dabei unter anderem die erfolgreich realisierten Automatisierungsprojekte in der zerspanenden Fertigung im Vorfeld an, bei denen die Zimmer Group bereits mit ihrer Greiftechnologie punkten konnte. Dies war der Grund, warum Kuka beschloss, die Zimmer Group auch in einer Pre-Engineering-Phase des Projektes „Achse 1“ einzusetzen. „Die Handlings- und Fügeaufgaben, die für verschiedene Robotertypen bei der Achse-1- 17 GREIFER IM EINSATZ n 1 Kombi-Getriebegreifer für 3 Robotertypen n 1 Spezial-Getriebegreifer n 4 Grundgestellgreifer n 7 Karussell-GEO-Greifer zum Fügen des Getriebes ans Karussell und zum Fügen des Grundgestells ans Getriebe n 1 Grundgestell-GEO-Greifer zum Fügen des Getriebes ans Grundgestell und zum Fügen des Karussells ans Getriebe n 1 Spezial Karussellgreifer n 1 Palletiergreifer für die sehr schwere Fortec-Achse 1 n 1 Wechselgreifer für die verschiedenen Vorrichtungen Montage zu lösen waren, erforderten bei der Greiftechnologie ein großes Know-how und die Bereitschaft, sich in verschiedene sehr knifflige Situationen hineinzudenken, um dann beste Lösungen in enger Absprache mit allen anderen Gewerken zu suchen. So hat Zimmer im Projekt dann auch komplexe GEO-Greifer entwickelt, die halfen, das anspruchsvolle automatisierte Fügen der Achsen zu realisieren“, berichtet Markus Keese. Die GEO-Greifer haben mehrere aktivierbare Schwimmungen zum Toleranzausgleich und sind integraler Bestandteil der Kuka-Fügetechnologie bei der Achse-1-Montage. Die Zimmer Group konnte sich also in der Pre-Engineering-Phase aufgrund ihrer Kompetenz durchsetzen. Deshalb entschied sich Kuka, die komplette Greifertechnologie – sprich: 17 Wechselgreifer für den KR Titan bei der Zimmer Group zu ordern. „Zimmer zeichnete sich in der Realisierung als sehr zuverlässiger und kooperativer Partner aus, der Kuka mit seiner großen Fachkenntnis bei der Greiftechnologie half, die sehr anspruchsvolle Zelle in kurzer Zeit erfolgreich zum Einsatz zu bringen“, schließt Markus Keese ab. VOLLE KONTROLLE ÜBER DEN PRODUKTIONSPROZESS Bis in die einzelnen Greifer hinein wird bei Kuka mittels SmartProduction alles überwacht. Neben den Greifern sind alle an der Produktion beteiligten aktiven Komponenten miteinander und mit der Kuka-Cloud vernetzt. Die Daten werden in der sogenannten Kuka-Connectivity-Box zusammengeführt und dann an die Cloud weitergegeben, wo sie verarbeitet und gespeichert werden. Zudem werden hier alle Daten der Maschinen, des Roboters und jedes einzelnen Greifers aufgearbeitet und für den Kuka-Mitarbeiter übersichtlich auf Dashboards dargestellt. Dies erlaubt allen Beteiligten volle Transparenz und Kontrolle über den kompletten Produktionsprozess. Bilder: Zimmer Group www.zimmer-group.de Alle an der Produktion beteiligten Komponenten sind miteinander und auch mit der Kuka-Cloud vernetzt

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