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Der Betriebsleiter 7-8/2015

Der Betriebsleiter 7-8/2015

Weichen für Zukunft

Weichen für Zukunft gestellt Überspannungsschutz-Experte investiert in neues Logistikzentrum mit Shuttlelager Mit der bisher größten Einzelinvestition der Unternehmensgeschichte hat ein Hersteller von Überspannungs-, Blitz- und Arbeitsschutzlösungen die Weichen für die Zukunft gestellt. In Zusammenarbeit mit einem Generalunternehmer ist eine erweiterungsfähige Logistikanlage entstanden, die in der Endausbaustufe bis zu 1500 Behälter sowie 200 Paletten pro Stunde ein- und auslagern kann. Mit weltweit rund 1600 Mitarbeitern produziert und vertreibt Dehn + Söhne mit Hauptsitz in Neumarkt in der Oberpfalz innovative Lösungen für den Überspannungs-, Blitz- und Arbeitsschutz. Mit der Inbetriebnahme des neuen Logistik- und Produktionsstandortes in Mühlhausen mit 21 000 m² Nutzfläche hat das Familienunternehmen den Grundstein für weiteres Wachstum und Internationalisierung gelegt. „Die logistischen Kapazitäten am Standort Neumarkt waren nicht ausbaufähig und kapazitiv vollkommen überlastet. Insofern war der Neubau der überaus wichtige und notwendige Befreiungsschlag“, betont Gerhard Diepold, Leiter Logistik/Service-Center-Vertrieb bei Dehn. Das neue Logistikkonzept sollte ausreichende Kapazitäten für das geplante Wachstum der nächsten Jahre bieten. Daher beauftragte Dehn + Söhne die Planer von io consultants mit der Analyse der bestehenden betrieblichen Prozess- und Wertschöpfungsketten sowie der Konzeption und Masterplanung des neuen Standortes. In der Ausschreibung konnte Unitechnik als neutraler Systemintegrator überzeugen. „In den diversen Gesprächen zu den technischen Umsetzungen und auch zu den softwaretechnischen Aspekten hat Unitechnik einen sehr professionellen Eindruck hinterlassen und wir fühlten uns als mittelständisches Unternehmen sehr gut aufgehoben“, erinnert sich Diepold. Verschiedene Lagersysteme unter einem Dach 151 m lang, 141 m breit und bis zu 20 m hoch ist das neue Gebäude, in dem ein automatisiertes Hochregallager für Paletten, ein Shuttlelager für Behälter und Kartons, manuelle Lagerbereiche für Paletten, Lang- und Gefahrgut sowie Betriebsflächen für den Wareneingang, die Kommissionierung und den Warenversand integriert sind. Darüber hinaus sind in Mühlhausen die Qualitätseingangsprüfung und Teile der Fertigung sowie der Endmontage von Blitzschutzbauteilen untergebracht. Das Lagerspektrum reicht von kleinsten Kunststoffspritzteilen, Dioden, Schrauben und Muttern bis hin zu 7 m langem Stangenmaterial. Fünf Mal täglich beliefert ein Shuttle-Lkw die Produktion in Neumarkt mit Materialien aus dem Lager – zum einen für die klassische Kanban-Versorgung und zum anderen mit auftragsbezogenen Teilen. Auf dem Rückweg bringt er Fertig- und Halbteile aus der Produktion, die zur Einlagerung oder zum Versand an die nationalen und internationalen Kunden und Tochterunternehmen von Dehn + Söhne bestimmt sind. Im Wareneingang befinden sich insgesamt sechs Arbeitsplätze für die Vereinnahmung der Waren sowohl von externen Lieferanten als auch aus der eigenen Produktion. Je nach Vorgabe aus dem Lagerverwaltungssystem UniWare 4.0 wird die Ware anschließend entweder direkt auf Paletten automatisch in das viergassige HRL transportiert oder sie wird in Kartons, auf Tablaren oder in Behältern verpackt über die Behälterfördertechnik in die Vorzone des Shuttlelagers im Obergeschoss befördert. Im HRL übernehmen Regalbediengeräte (RBG) vom Typ Mono ESA des Anbieters Dambach Lagersysteme die Paletten und fahren sie schnell und präzise zu einem der insgesamt über 8400 Stellplätze. In Spitze sind bis zu 148 Ein- und Auslagerungen pro Stunde in diesem Lagerbereich möglich. In der Endausbaustufe mit zwei Lastaufnahmemitteln pro RBG wird diese Leistung noch auf insgesamt 200 Doppelspiele pro Stunde erhöht. Direkt mit dem HRL über Fördertechnik verbunden sind fünf Arbeitsplätze im Erdgeschoss, die zur Kommissionierung, für die Auslagerung ganzer Paletten oder Leerpalettenstapel sowie als NiO- oder Sonderkommissionierplatz genutzt werden. Das fünfgassige Shuttlelager mit derzeit 15 Fahrzeugen auf 36 Ebenen und Platz für rund 36 000 Behälter ist das Herzstück des Logistikzentrums. Im Obergeschoss befindet sich auf zwei Ebenen je ein Fördertechnik-Loop. Die zur Einlagerung ins Shuttlelager vorgesehenen Behälter gelangen über einen Steigförderer zum unteren Loop, der die Behälter nach LVS-Vorgabe auf den richtigen Einlagerstich ausschleust. Erweiterungsoptionen inklusive In der ersten Ausbaustufe ist das Shuttlelager auf einen Durchsatz von 500 Behältern pro Stunde ausgelegt. Langfristig ist eine Verdreifachung der Leistung auf 1500 Behälter pro Stunde geplant. Die Shuttles vom Typ StoreBiter 300 OLS von Gebhardt Fördertechnik fahren mit Spitzengeschwindigkeiten von 2 m/s und Beschleunigungen von 1,5 ms² durch die 64 m langen Regalgassen. Dabei können sie maximal zwei kleine bzw. einen großen Behälter, Tablare oder auch Kartons verschiedener Höhen mit je 35 kg transportieren. Auch die schnelle Auf- und Abnahme des Fördergutes aus Neutraler Systemintegrator als Generalunternehmer Als Generalunternehmer übernahm die in Wiehl ansässige Unitechnik Systems GmbH die Auswahl der Unterlieferanten und koordinierte die einzelnen Gewerke, lieferte die komplette Automatisierung und Steuerung inkl. Lagerverwaltungssystems (LVS) und führte sämtliche Elektromontagen und Inbetriebnahmen durch. 24 Der Betriebsleiter 7-8/2015

INTRALOGISTIK 01 den Regalfächern trägt zu der hohen Durchsatzleistung des Systems bei. „Wir haben zusammen mit dem involvierten Logistikberatungsunternehmen io consultants eine Shuttle-Lösung favorisiert, da wir so die Ein- und Auslagerleistungen schrittweise durch den Einsatz von mehr Fahrzeugen erhöhen können, ohne dass wir einen Ausbau unserer Lagerkapazitäten vornehmen müssen. Außerdem können wir durch die hohen Geschwindigkeiten im Lager die benötigten Teile sehr 02 03 04 01 Herzstück des Logistikzentrums ist das fünfgassige Shuttlelager mit Platz für bis zu 36 000 Behälter 02 Die Kommissionierarbeitsplätze im Obergeschoss sind direkt über die Behälterfördertechnik mit dem Shuttlelager verbunden 03 Palette mit Nachschub-Behältern auf dem Weg ins Hochregallager 04 Ergonomische Pick- und Pack-Arbeitsplätze mit Kugeltisch, integrierter Waage und Touchscreen schnell zur Kommissionierung beziehungsweise zur Auslagerung bereitstellen“, begründet Gerhard Diepold die Entscheidung zugunsten der Shuttle-Technologie. Neben der Anzahl der Shuttles sind für die Systemleistung auch die Anzahl und die Leistung der Aufzüge entscheidend. Dehn + Söhne setzt derzeit zwei synchron fahrende Lifte pro Gasse ein, die bis zu sechs Behälter aber auch die Shuttles transportieren können. Während der Fahrt des Lifts gibt das Shuttle die ausgelagerten Behälter ab und nimmt neue auf. In der dritten Ausbaustufe sollen die Lifte entkoppelt werden und jeweils unabhängig voneinander ausschließlich Behälter transportieren, während ein zusätzlich zu installierender Lift dann die Shuttles in den Ebenen versetzt. In der Lagervorzone oberhalb der Stahlbühne werden die Behälter ausgelagert und den sechs Kommissionierplätzen zugeführt. Auf dieser Ebene wurde bereits Platz für weitere vier Arbeitsplätze berücksichtigt. Je nach Auftragsstruktur kann jeder Arbeitsplatz variabel zur Kommissionierung oder als Pick-und Packarbeitsplatz genutzt werden. Das Shuttlelager dient auch als Pufferlager für fertig kommissionierte Behälter, die z. B. später zu einer Sendung zusammengeführt werden sollen. Über eine weitere Förderstrecke gelangen die fertig kommissionierten Behälter oder die gepackten Pakete ins Erdgeschoss, wo sie im Versand nur noch nach ihrem Ziel vorsortiert werden müssen. SAP-Schnittstelle für sicheren Datenaustausch Parallel zur Inbetriebnahme des neuen Standortes wurde SAP als Unternehmenssoftware eingeführt – mit Ausnahme des Lagers. Hier wollte Dehn + Söhne kein Risiko eingehen und die Hard- und Software aus einer Hand erhalten. „Wir haben uns bewusst für diese Lösung entschieden, da wir damit den Materiafluss, die Visualisierung und auch die Lagerverwaltung sozusagen aus einem Guss erhalten haben. Die komplette und komplexe Steuerung des kompletten Logistikzentrums liegt damit in einer Hand und wir haben dadurch eine Reihe von aufwändigen Schnittstellen vermieden“, erklärt Diepold. Um die Kommunikation zwischen SAP und dem LVS vor der Inbetriebnahme des neuen Logistikstandortes zu testen, hat Unitechnik zusammen mit Dehn im Vorfeld mehrere Integrationstests durchgeführt. Denn UniWare 4.0 erhält beispielsweise Artikelstammdaten, Informationen zu Anlieferungen aus der Produktion wie auch Einlager-, Transport- und Umbuchungsaufträge aus verschiedenen SAP-Modulen. „Die SAP- Schnittstelle ist speziell auf die Ansprüche von Dehn + Söhne entwickelt worden, um das Lager in die SAP-Welt zu integrieren“, erläutert Dirk Panske, Leiter Engineering bei Unitechnik. Parallel zu der Software-Entwicklung haben die IT-Spezialisten von Unitechnik mit einer Emulation der realen Anlage gearbeitet, um die Systeme und Bedienoberflächen virtuell bedienen und damit auch Strategien im LVS testen zu können. Nach der auf Anhieb erfolgreichen Generalprobe im November 2013 und einem Massentest mit Testware in der Anlage begann Dehn + Söhne bereits Mitte Dezember bei laufendem Betrieb mit den ersten Umlagerungen vom alten Standort nach Mühlhausen. Am 2. Januar startete dann die Auslieferung vom neuen Lager sowohl für externe Lieferungen als auch für die Produktionsversorgung und hatte bereits in der zweiten Januarwoche den kompletten Umzug abgewickelt ohne Einbußen in der Lieferfähigkeit. Zukünftiger Service gefragt „Vor allem auch während der Inbetriebnahmephase fühlten wir uns von den Unitechnik- Mitarbeitern sehr gut unterstützt, nicht zuletzt deshalb weil die maßgeblichen Ansprechpartner in diesem Zeitraum fast durchgehend vor Ort waren und sehr schnell auf Problemstellungen reagiert haben“, lobt Diepold die Zusammenarbeit mit dem Generalunternehmer. Genauso wichtig wie eine gute Projektabwicklung seien im Nachgang aber auch ein erstklassiger Service und die entsprechende Betreuung. „Wir bieten auch im laufenden Betrieb die komplette Wartung der Mechanik und Elektrik der realisierten Logistikanlagen auf Wunsch auch mit Hotline-Bereitschaft aus einer Hand an“, versichert Panske mit Blick auf die zukünftige Zusammenarbeit. www.unitechnik.com Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit Der Betriebsleiter 7-8/2015 25

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