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Der Betriebsleiter 10/2017

Der Betriebsleiter 10/2017

INTRALOGISTIK Zehn

INTRALOGISTIK Zehn Prozent mehr Effizienz Retrofit sichert die Leistungsfähigkeit des Versorgungslagers eines Pumpenherstellers Nach 14 Betriebsjahren war ein Teileversorgungslager für die Produktion von Wassernormpumpen in die Jahre gekommen. Zudem war es nicht mehr leistungsfähig genug, um mit dem Wachstum der Produktion Schritt zu halten. Durch eine Modernisierung wurde das Lager an den aktuellen Produktionsstand angepasst und zukunftssicher gemacht. Die Baureihe Etanorm gehört zu den wichtigsten Produkten der KSB-Gruppe, einem der führenden internationalen Hersteller von Pumpen und Armaturen. Mehr als 1,5 Millionen dieser einstufigen Spiralgehäusepumpen hat KSB bisher gebaut. KSB fertigt diese Pumpen unter anderem am Hauptsitz in Frankenthal bei Ludwigshafen. Bis zu 300 Stück werden hier pro Tag produziert. Herzstück der Produktion ist das Teileversorgungslager (TVS): In dem Tablarlager mit rund 5 000 Stellplätzen lagern die fünf Hauptkomponenten der Pumpen, unter anderem Gehäuse, Druckdeckel und Laufräder. Erst wenn ein Kunde bestellt, wird aus diesen Bauteilen eine individuell zugeschnittene Pumpe kommissioniert, montiert und versendet. Fällt das Lager aus, hat dies einen erheblichen Mehraufwand für die Mitarbeiter bei der Bereitstellung der Komponenten zur Folge, was einen Lieferverzug verursachen kann. Nach 14 Betriebsjahren war die Lebensdauer des im Jahr 2002 gebauten TVS erreicht. „Die Probleme mit der Anlage häuften sich“, beschreibt Stefan Breivogel, Leiter der Logistik im KSB-Werk Frankenthal, die eute speisen wir die Bremsenergie der RBG-Antriebe in H einen Zwischenkreis und nutzen sie für die Antriebe der anderen Achsen. Zehn bis fünfzehn Prozent Energieeinsparung sind so möglich. Andreas Diebe, Leiter der Instandhaltung im KSB-Werk Frankenthal Situation Mitte 2016. „Unsere Mitarbeiter waren vermehrt an die Unzulänglichkeiten der Anlage gebunden. Sie mussten Kästen geraderücken, Fehler quittieren und Störungen beseitigen.“ Ursprünglicher Hersteller nicht mehr verfügbar Zahlreiche Komponenten der Regalbediengeräte (RBG) des zweigassigen Lagers waren inzwischen abgekündigt – für die SPS, Antriebe, Frequenzumrichter, Entfernungsmessung und Datenlichtschranken gab es keine Ersatzteile mehr. Eine ähnliche Situation herrschte in der vorgelagerten Fördertechnik: Der Verschiebewagen war in die Jahre gekommen, die Steuerungen abgekündigt und die Konturenkontrolle sorgte für weitere Störungen. „Durch den Konkurs des ursprünglichen Herstellers hatten wir keinen Ansprechpartner mehr für die Anlage und für besondere Aufgaben wie die Programmierung der SPS“, beschreibt Stefan Bott, IT-Koordinator im Werk, eine zusätzliche Herausforderung. „Auch die Infrarot-Datenübertragung der RBG funktionierte nicht störungsfrei und für die Antriebe gab es keinen Ersatz mehr“, zählt Bott weitere Themen auf. Andreas Diebe, Leiter der Instandhaltung, fasst den Zustand der Anlage zusammen: „Wir hatten zu viele Fehlermeldungen am Tag. Die meisten konnten wir zwar mit einem Tastendruck quittieren. Aber es gab auch Fehler, die nicht so leicht zu beheben waren. Da wir bei manchen Produkten eine Lieferung innerhalb von 24 Stunden anbieten, war die Situation nicht mehr tragbar“. So fiel die Entscheidung, die gesamte Anlage zu modernisieren. Höhere Leistungsfähigkeit wichtiges Ziel Dabei sollte nicht nur die Verfügbarkeit des Lagersystems verbessert, sondern auch die Leistungsfähigkeit erhöht werden, wie Stefan Breivogel ergänzt: „Mit den Eta-Pumpen sind wir auf über 70 000 Stück pro Jahr gewachsen. Um das zu leisten, müssen die TVS-Mitarbeiter in drei Schichten 1 800 Teile am Tag kommissionieren. Jetzt arbeiten wir daran, 85 000 Pumpen produzieren zu können.“ 42 Der Betriebsleiter 10/2017

INTRALOGISTIK 01 Das Teileversorgungslager mit rund 5 000 Tablarplätzen enthält die fünf Hauptkomponenten der Eta-Pumpen 02 Die Regalbediengeräte erhielten neue Antriebe, einen neuen mitfahrenden Schaltschrank sowie neue Steuerungen Mit der Modernisierung beauftragte KSB den Partner viastore. Der internationale Intralogistik-Experte mit Sitz in Stuttgart hat bereits europaweit mehrere Lager von KSB gebaut. Sämtliche Bestände, Aufgaben und Materialflüsse des Lagers im Werk Frankenthal steuert und managt das Warehouse- Management-System viadat – von Anfang an. KSB wollte bewusst in Zukunft für alle Gewerke des Lagers – also Software, RBG, Fördertechnik – nur noch einen Ansprechpartner haben. Neue Steuerungen, Antriebe, Messtechnik Die Modernisierung begann mit einem Tausch der elektrotechnischen Ausrüstung: Alle Antriebe wurden durch moderne frequenzgeregelte SEW-Motoren ersetzt, die SPS durch aktuelle Siemens S7-Steuerungen. Bei den RBG haben die Fachleute Datenlichtschranken und Entfernungsmesssysteme nach dem Stand der Technik eingebaut, neue mitfahrende Schaltschränke montiert und als Bus-System das leistungsfähige Profinet installiert. „Mir war schon ein wenig komisch am ersten Tag, als die viastore- Mitarbeiter mit dem Seitenschneider in die Anlage reingegangen sind und eimerweise die Kabel rausgetragen haben“, erinnert sich Breivogel mit einem Schmunzeln. Um die Effizienz der Anlage weiter zu steigern, haben die viastore-Experten zudem den Verfahrwagen ersetzt. Der neue leistet bis zu 15 Prozent mehr. Ein weiterer wichtiger Meilenstein zu einem reibungslosen Betrieb war das Retrofit der Konturenkontrolle. Bisher erfolgte diese über ein mechanisches System: Das Tablar fuhr in die Station ein, blieb stehen, und ein Pneumatikzylinder bewegte eine Lichtschranke auf und ab. Zusätzlich erfolgte eine Höhenkontrolle über mechanische, hängende sogenannte Fahnen. Das gesamte System war sehr eng eingestellt, so dass schon eine nur wenig verrutschte Ladung auf den Tablaren ausreichte, um eine Fehlermeldung auszulösen und das Tablar wieder zurück in die Fördertechnikschleife zu schicken. Heute kontrolliert eine Laser-Lichtschranke die Konturen, ohne dass das Tablar dafür extra stehen bleiben muss. Dank der Einstellung werden nur noch die wirklich kritischen Exemplare herausgefiltert. „Zudem läuft die gesamte Fördertechnik mit den neuen Antrieben und Steuerungen jetzt weicher“, erklärt Bott. „Früher sind die Tablare gegen feste Anschläge gefahren, so dass die Kästen darauf schnell verrutschten und Fehlermeldungen bei der Konturenkontrolle auslösten. Heute haben wir eine Endfahrtdämpfung, damit fahren sie überhaupt nicht mehr gegen einen Anschlag.“ Mit Industrie-PC und Visualisierung Fehler schneller beheben Auch softwareseitig hat viastore die Anlage optimiert. Dazu erhielt das Teileversorgungslager eine neue Materialfluss-Steuerung. „Mit dem alten System des früheren Lieferanten war dieser Lagerbereich für viadat eine Blackbox – das Materialflusssystem hat nur über einen Konverter die Fahrbefehle an die Fördertechnik und die RBG übermittelt. Was im Einzelnen im Teileversorgungslager passiert ist, hat das System nicht erfassen können“, erläutert Andreas Diebe. Bei einer Störung konnte die Hotline also den Fehler nicht online feststellen, geschweige denn, ihn per Fernwartung beheben. Heute steuert ein Materialfluss-System die Anlage, das als Applikation auf dem Server eines Dienstleisters gehostet ist. „Das gibt zusätzliche Ausfallsicherheit“, sagt Christian Fehlau, Sales Manager Retrofit bei viastore. Zudem wurde eine Soft-SPS eingesetzt, die das aktuelle S7-Programm auf einem Industrie-PC abbildet. „Über den Industrie-PC hat man umfangreiche Anzeigemöglichkeiten, mit denen eine detailliertere Einsicht in die Baugruppen möglich ist“, erklärt der viastore-Experte weiter. Damit kann die Hotline über nur eine IP-Adresse mit weitaus mehr Möglichkeiten auf die angebundenen Anlagenteile zugreifen, um Störungen zu erkennen und zu beheben. „viastore hat parallel eine Visualisierung installiert, damit auch ein Lager-Mitarbeiter, der nicht so tief in der Materie steckt, Fehler schnell lösen kann“, erklärt Stefan Bott. Das System zeigt ihm, wie das geht. So werden eventuelle Stillstandzeiten noch einmal deutlich reduziert. Mehr Effizienz auf ganzer Linie Nach sieben Arbeitstagen war die Modernisierung abgeschlossen. Und es hat sich gelohnt – Stefan Breivogel hat nachgerechnet: „Die Anzahl der Störungen konnten wir deutlich reduzieren.“ Der Geräuschpegel in der Anlage ist durch das Retrofit ebenfalls gesunken. Das Arbeiten an den Kommissionierplätzen ist damit stressfreier, angenehmer und ergonomischer. In Bereiche, die 03 Der neue Verfahrwagen ist bis zu 15 Prozent leistungsfähiger 04 Dank der Anlagen-Visualisierung können die Mitarbeiter im Lager Fehler schneller lokalisieren und beheben von vielen Personen frequentiert sind, wurden weitere Lichtschranken eingebaut, um die Sicherheit der Mitarbeiter zu erhöhen. Gleichzeitig ist die Effizienz der Mitarbeiter gestiegen: Sie haben heute Zeit, ihren Kollegen in den anderen Lagerbereichen zu helfen, und das bei wachsender Zahl an Auslagerungen im TVS-Lager. „Insgesamt ist die Leistungsfähigkeit der Anlage um rund zehn Prozent gestiegen“, schildert Breivogel. Damit hat das TVS jetzt wieder Luft, um auch bei weiter wachsenden Verkaufszahlen der Eta-Pumpen die Kunden sicher und pünktlich zu beliefern. www.viastoresystems.de Im Fokus Effizienz Sicherheit Nachhaltigkeit Der Betriebsleiter 10/2017 43

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