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Der Betriebsleiter 1-2/2016

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BETRIEBSTECHNIK 01 Die

BETRIEBSTECHNIK 01 Die Produktion bei Osram in Eichstätt läuft rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche, sodass ein ständiger Strombedarf von 2 bis 5 MW und ein Gasbedarf von bis zu 7 MW bestehen Energiewende Halogenlampenwerk setzt bei Energieversorgung auf umweltschonendes Blockheizkraftwerk In Deutschland findet immer mehr ein „grünes“ Umdenken statt, das Unternehmen dazu veranlasst, auf eine effiziente und umweltschonende Energieversorgung umzustellen. Eines der Unternehmen, das mit gutem Beispiel vorangeht, ist die Osram GmbH, weltweit tätiger Hersteller von Lampen und Beleuchtungssystemen. Im Halogenlampenwerk in der oberbayerischen Stadt Eichstätt wurden ein Blockheizkraftwerk und eine Absorptionskältemaschine errichtet. Den Anlass für die Installation eines neuen Energiesystems hat eine Projektentwicklungsstudie gegeben“, erläutert Andreas Böhm, Leiter Werktechnik der Osram- Niederlassung in Eichstätt die Zusammenarbeit mit der Gammel Engineering GmbH. „Darin wurde der Energiebedarf unseres Standortes detailliert untersucht. Dabei hat sich herausgestellt, dass durchaus noch wirtschaftliches Potenzial besteht. Das und die Möglichkeit, einen Beitrag zur effizienten Nutzung von Primärenergien zu leisten, hat den Ausschlag für den Bau gegeben.“ Osram wollte dabei auf ein Unternehmen setzen, das bereits einschlägige Erfahrung auf dem Gebiet hatte, sodass ein insgesamt optimales Projektergebnis realisierbar war. „Gammel Engineering wurde uns von einem Schwesterwerk empfohlen“, so Böhm weiter. „Außerdem überzeugten uns die guten Referenzen des Ingenieurbüros.“ Nachdem der Energieexperte aus Abensberg in Niederbayern den Auftrag bekommen hatte, wurde zunächst die gegenwärtige Situation analysiert. „Im Eichstätter Halogenlampenwerk wird sieben Tage die Woche an 24 Stunden gearbeitet“, erklärt Thomas Winkler, Diplom-Ingenieur bei Gammel Engineering. Als Projektleiter war er für die Planung und Bauleitung der Anlage bei Osram verantwortlich. „Dabei hat das Unternehmen einen ständigen Strombedarf von 2 bis 5 MW, was mehr als 31 000 MWh im Jahr entspricht. Der Gasbedarf beläuft sich auf bis zu 7 MW und mehr als 24 000 MWh im Jahr für Produktion und Heizung“, so Winkler weiter. Außerdem sind 33 dezentrale Kompressionskältemaschinen für Prozesskühlung und Klima installiert, drei erdgasbefeuerte Heizkessel mit insgesamt 4 MW Heizleistung sowie vier offene Kühltürme zur Rückkühlung der Produktionsabwärme und der Kältemaschinen. Darauf aufbauend ging das Team von Gammel Engineering der Frage nach, wie sich der Energieverbrauch noch optimieren ließe. Zudem wurde die Wirtschaftlichkeit infrage kommender Anlagenvarianten ermittelt, um so ein zu Osram Eichstätt optimal passendes Konzept zu erstellen. Zunächst Ermittlung des Strom- und Wärmelastgangs „Zunächst ermittelten wir den Strom- und Wärmelastgang“, erläutert Winkler die konkrete Vorgehensweise. „Beim Wärmelastgang war es zusätzlich notwendig, zwischen dem Gasverbrauch für die Produktion und für die Heizung zu unterscheiden. Außerdem analysierten wir den Kältelastgang Die neu installierte Energieversorgungsanlage mit Kraft-Wärme- Kälte-Kopplung deckt bei Osram 50 Prozent des Strombedarfs durch Messungen an Einzelanlagen während der Produktion. Diese Werte konnten wir dann über die jährlichen Produktionsund Betriebsdaten hochrechnen.“ Bei der gemeinsamen Analyse ermittelte das Ingenieurteam, dass mit einem zentralen Kältenetz eine wärmegeführte Fahrweise mit einer hohen Auslastung möglich wird. Mit diesen Erkenntnissen machte sich Gammel anschließend an die Planung einer passenden Anlage, wobei sich zwei Varianten herauskristallisierten: Die Energieexperten zogen zum einen die Möglichkeit in Betracht, zwei wärmegeführte Blockheizkraftwerke mit einer Leistung von jeweils 8 Der Betriebsleiter 1-2/2016

BETRIEBSTECHNIK 400 kWel und 425 kW thermischer Energie zu installieren. Die zweite Variante kombinierte ein Blockheizkraftwerk von 1900 kWel mit einer Absorptionskältemaschine mit 730 kW Kälteleistung. Zwei Anlagenvarianten zur Wahl Die fundierte Projektentwicklung fand zwischen Mai und September 2013 statt, Osram fällte schließlich die Investitionsentscheidung zugunsten einer kombinierten Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungs-Anlage. Daraufhin arbeitete Gammel die genauen Details der neuen Anlage aus. Vorgesehen waren nun ein BHKW-Modul mit 2000 kWel und 2000 kWth, eine Absorptionskältemaschine mit 730 kW und die Einbindung in die bestehende Infrastruktur der Fabrik. Die Investitionskosten für das gesamte Projekt beliefen sich auf 3,5 Mio. Euro. Die neue Anlage wäre damit in der Lage, 50 Prozent des Strombedarfs, 77 Prozent des Heizwärmebedarfs und 73 Prozent des Kältebedarfs der Produktionsanlagen zu decken. Novelle des KWK-Gesetzes Die Politik will die Förderung von umweltschonenden KWK-Anlagen reduzieren. Was das in der Praxis bedeutet, erläutert Dipl.-Ing. Thomas Winkler (Bild), Energieexperte bei Gammel Engineering im Kurzinterview: Was war das ursprüngliche Ziel des Gesetzes? Das Gesetz zur Förderung von KWK-Anlagen hat es bislang vielen Unternehmen erleichtert, selbst ein hocheffizientes dezentrales Energiesystem zu installieren. Ursprünglich sollte die Stromerzeugung durch KWK-Anlagen bis zum Jahr 2020 auf 25 Prozent der gesamten Nettostromerzeugung anwachsen. Was beinhaltet die Novelle des KWK-Gesetzes? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hält die frühere Wachstumsvorgabe nun nicht mehr für angemessen und spricht sich für einen moderateren Ausbau aus. Das Ausbauziel von 25 Prozent soll sich in Zukunft an der Nettostromerzeugung aus thermischen Kraftwerken orientieren, was etwa 18 Prozent der Gesamtnettostromerzeugung entspricht. Dementsprechend soll auch die Förderung für solche Anlagen zurückgehen, sodass dann hauptsächlich Projekte gefördert werden, bei denen der Strom in das öffentliche Netz eingespeist wird. Die Förderung von Anlagen, die zur Eigenstromerzeugung genutzt werden, gilt dann nur noch für wenige Ausnahmen. 02a+b Das neue dezentrale Energiesystem bei Osram besteht aus einem BHKW-Modul mit 2000 kWel und 2000 kWth sowie einer Absorptionskältemaschine mit 730 kW Projektstopp aufgrund der EEG-Novelle Aufgrund der EEG-Novelle verzögerten sich die Arbeiten im Frühjahr 2014, da durch die beabsichtigte Gesetzesänderung die Wirtschaftlichkeit des Projektes infrage gestellt wurde. „Die Novelle sah erstmals vor, dass die EEG-Umlage in Zukunft auch auf erzeugten Strom zu entrichten wäre, den der Kraftwerksbetreiber selbst verbraucht“, erklärt Winkler. „Betreiber von neu errichteten und hoch effizienten KWK-Anlagen hätten nach dem ersten Entwurf zwar nicht den kompletten Betrag, aber immerhin noch zusätzlich 70 Prozent der EEG-Umlage zahlen müssen.“ Die Mehrkosten hätten das Aus für das Projekt bei Osram in Eichstätt bedeutet. Wirtschaftlichkeit gesichert Die Politik einigte sich schließlich auf niedrigere Sätze, sodass seit dem 1. August 2014 nun 30 Prozent der EEG-Umlage zu entrichten sind; bis 2017 wird der Anteil auf 40 Prozent steigen. Unter diesen Rahmenbedingungen konnte das Projekt fortgeführt werden. Das Blockheizkraftwerk ging schließlich im Januar 2015 in Betrieb, die Absorptionskältemaschine folgte kurze Zeit später im Mai 2015. Das Ergebnis hat Osram davon überzeugt, die richtige Entscheidung gefällt zu haben: „Gammel Engineering hat uns mit sehr breiter Fachkompetenz bestens durch alle Stadien des Projektes geführt“, so Böhm. „Die prognostizierten Leistungsdaten wurden erreicht; ebenso konnten die vorgegebenen Projektkosten und -termine eingehalten werden.“ Was empfehlen Sie Unternehmen, die die Installation einer KWK-Anlage in Betracht ziehen? Unternehmen, die die Kraft-Wärme-Kopplung nutzen wollen, um den erzeugten Strom selbst zu verbrauchen, sollten entsprechende Pläne möglichst schnell in die Tat umsetzen. Das neue Gesetz ist im Januar 2016 in Kraft getreten. Für Anlagen, für die bestimmte Vorgaben bis zum 31.12.2015 erbracht und die bis zum 30. Juni 2016 realisiert werden, kann jedoch noch die aktuell geltende Regelung von 2012 angewendet werden. www.gammel.de Im Fokus Nachhaltigkeit Effizienz Sicherheit Der Betriebsleiter 1-2/2016 9

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